Wenn dunkle Wolken tief über der Küste hängen und es schon bei der Abfahrt nieselt, dann ist man versucht, sich vor der Fahrt zu drücken - jeder Nicht-Motorrad-Fahrer hätte dafür vollstes Verständnis.
Aber war das Guggenheim-Museum nicht der Auslöser, überhaupt in so kurzer Zeit so weit zu fahren? Und war es nicht die Idee, mal wieder die Tour von Deva auf dem kleinen Küstensträßchen mit dem Motorrad zu machen, die ich vor über 30 Jahren so manches mal mit dem Auto gefahren war? Zuletzt Anfang der 70er mit Ulli? Die Strecke über Lekeitio, Guernika - Sitz der Baskischen Seele - , Bermeo, Plencia und schließlich über Algorta vorbei an der puente colgante immer dem Ufer des Rio Nervion mit seinen unverändert schmutzigen, heruntergekommenen Industriebauten, die diese Strasse fast 10 km lang begleiten, entlang, bis man über die Brücke in den Stadtkern von Bilbao einfährt?
Also: Rein ins Ganzkörperkondom. Deva ist schon im GARMIN einprogrammiert und ab im Regen - zunächst die N 368 Richtung Bilbao. Die Autobahn entlastet die wunderbar glatte, kurvenreiche Strasse und es macht Spaß, im rechts-links-Wechsel zügig durch die runden Kurven zu gleiten, mal direkt über dem Wasser am Fuss der Steilküste bei Zarautz, mal durch die streckenweise noch immer von Eukalyptus-Wäldern gesäumten Steilhänge in schluchtartigen Passagen.
Bei Deva rechts über die Eisenbahn und das Flüsschen und gleich wird die Strasse löchrig, ganz schmal und so eng-kurvig, dass man kaum über Schritt-Tempo rauskommt. Der gerade dort immer wieder und unvermittelt einsetzende Regen und die nasse Fahrbahn taten das Ihre, so dass eher Gefahr bestand, mit dem fast stehenden Motorrad in einer Kurve zu kippen, als wegen zu schnellen Fahrens rausgetragen zu werden....
Nach Algorta habe ich hinein gefunden. Obwohl die Randbezirke so gewuchert sind, ist im alten Örtchen alles unverändert. Ich habe mich aber nicht mehr zurecht gefunden, nur gelegentlich blitzte die Erinnerung auf und ohne GARMIN hätte ich die Playa Irriunaga und das Hotel Los Tamarises nicht wiedergefunden, in dem ich meine ersten beiden Spanienwochen im Januar 1969 mit Gaby gewohnt habe, bis wir ein Haus im Ort fanden. Vor dem Hotel stehend habe ich auch versucht, meine damalige Gefährtin in Düsseldorf anzurufen. Sie war aber nicht zu Hause. Schade.
Und dann lag es plötzlich vor mir, das GUGGENHEIM umwerfend in sich, und absolut irrsinnig in einer Umgebung von Schrott, Baumaterialien, Wohnhochhäusern der Armut, wie sie scheußlicher nicht sein können und umtost vom Verkehrslärm einer Industriestadt unmittelbar am, besser im Fluss, dem schmuddeligen Rio Nervion.
Ich habe sogar im Hotel gegessen. War nicht erwähnenswert und ist als Notlösung zu vermerken. Dafür habe ich gepennt wie eine Ratte.
Bilbao ( 3. Etappe: Donnerstag, 02.05.2002 - 297km/8h unterwegs) |