Gestern verließ ich das Hotel nur, um mich um mein Bike zu kümmern.
Vor zwei Tagen hatte irgendwie die Halterung des GPS gestreikt und ich hatte es
provisorisch befestigt. Nachdem ich hinter die Ursache gekommen war, habe ich
mich von einem Taxi - es regnet ja noch zuverlässig - in die Stadt zum Carrefour
Einkaufszentrum fahren lassen, um mich dort mit Kleinteilen und ein wenig Werkzeug
zu versehen, Teile, die ich zur Reparatur brauchte. Reparatur gelungen.
Jetzt liege ich bei offenem Fenster auf dem Bett, schreibe diese Zeilen und harre der versprochenen Wetterbesserung heute Nachmittag – noch ist nichts zu sehen.
Heute ist Montag. Es ist 14:15 Uhr. Im TV läuft Kalvas. Außer Sat 1 gibt es keinen Deutschen Sender. (Ich frage mich, weshalb es ZDF und ARD nicht schaffen, in Hotels im Standardangebot zu sein – Sat 1 und RTL fast immer.)
Der Blick nach draußen verliert sich in den tief hängenden grauen Wolken.
Ich bin sozusagen mitten drin. Es regnet nun schon seit zwei Tagen ununterbrochen. In Spanien, Andalusien, Anfang Mai 2004. Die Bilder aus meinem Zimmer sprechen Bände.
Und in Deutschland scheint die Sonne, herrschen die 22 Grad, die zu finden ich hier her gefahren bin und deretwegen ich keinen vernünftigen Regenschutz mitgenommen habe.
Ganzkörperkondom für Spanien im Frühjahr; dass ich nicht lache!
Eigentlich hatte ich mich hier im Norden Andalusiens in diesem herrlichen Parador für drei volle Tage einnisten wollen, um von hier aus Touren zu unternehmen.
Denkste Puppe: Parador hoffnungslos ausgebucht – mit Glück und größeren kleinen Trinkgeldern - propinas - für die Receptionistas habe ich mich von Tag zu Tag durchgemogelt.
Spanier und Engländer – versprengt dazwischen das frühpensionierte Lehrer-Ehepaar aus Wanne-Eikel, gepflegt und kulturbeflissen mit Andalusienführer, Umschlagklappe verweist auf den Cordoba- oder Granadabesuch, der heute auf dem Programm steht. Die Engländer fliegen nach Sevilla, mieten sich ein Auto und besiedeln die Paradores – Geld ist anscheinend keinen Engpass.
Als allein Reisender hält man Selbstgespräche oder beobachtet die anderen Gäste. Was im abendlichen Speisesaal - der übrigens immer gefüllt ist,kein Tisch frei so zwischen 20:30 Uhr und 24:00 Uhr - ein purer Genuss ist.
Ältere bis alte englische Ehepaare beherrschen trotz unauffälligenund zurückhaltenden, höflichen Auftretens mit gediegener Erscheinung die Szene. Sie strahlen tendenziell gelassene Heiterkeit aus und lassen es sich erkennbar bei gutem Essen und hervorragenden, spanischen Weinen in gepflegtem Rahmen und bestem Service gut gehen – na eben so, wie ich auch.
Man ist unauffällig heiter, amüsiert sich besonders dann, wenn man zu viert reist. Wunderbar. Ich genieße den Kontrast zur deutschen Neigung zu gehetzter, verbissener Larmoyanz.
Zusammengefasst: Bis Andalusien gekommen, wie geplant: Ja. Hier mich durch sonnige Olivenhaine treiben lassen, von weißem Dorf zum anderen auf kleinsten Nebensträßchen – sozusagen Andalusien im Detail: bisher zumindest Fehlanzeige. Stattdessen die Frage, wie ich halbwegs trocken die verbleibenden 6 Tage unterwegs nach Hause verbringen werde…