Über diesen Reisetag habe ich mir keine Notizen gemacht, weil ich mir sicher war, dass er sich als nahezu unvergesslich in mein Erinerungsvermögen einprägen wird. Und dem ist auch so.
Ich sattle am Morgen mein Pferd, obwohl das Wetter alles andere als einladend ist. Netter Weise hatte der Receptionista für die Nacht ein trockenes Plätzchen im verschlossenen Lieferanteneingang für mein Moto frei gegeben. Das bewährte sich, denn schon beim Laden regnet es und auf der Fahrt bis Granada regnete es anhaltend und ich rechne damit, dass es den ganzen Tag so bleiben werde.
Südlich Granada wähle ich das schmale nahezu unbefahrene Sträßchen entlang der Grenze des Nationalparks Sierra Nevada. Es ist die höchstmögliche Straße an der südlichen Flanke des Bergmassivs, das sich gut 200 km nach Osten erstreckt.
Das Sträßchen ist nicht ausgebaut, schlängelt sich also in jeden Berg-Einschnitt hinein um dann im Gegenverlauf jede Bergnase zu modellieren. So kommt es, dass ich oft in etwa 1 km Luftlinie entfernt das nächste Dorf sehen kann, aber gelegentlich 10 km fahren muss, um es zu erreichen, weil das Sträßchen allen dazwischen liegenden Bergeinschnitten und -nasen folgt..
So kurve ich knapp unter der tief hängenden Wolkendecke, gelegentlich nahe der Schneegrenze gut 250 km nach Osten. Es hat aufgehört zu regnen, obwohl der Himmel sozusagen ständig damit droht.
Am tiefsten Einschnitt liegt Trevelez, ein Städtchenam Ende der Welt.
Von hier aus führt eine kleine Schotterstraße hinauf auf den höchsten befahrbaren
Punkt der Sierra Nevada (und von dort auf geteerter Straße durch das Skigebiet
wieder bergab nach Granada.).
Dieses Sträßchen bin ich vor 30 Jahren per Zufall von Granada kommen hinab an die Mittelmeer-küste gefahren - zusammen mit Ulrike im Renault R6 gegen Ende einer 3-monatigen Südeuropareise, die uns vom schwarzen Meer bis an den Atlantik in Portugal geführt hatte.
Ich frage nach und erfahre, dass es heute für Fahrzeuge geschlossen ist und nur Wanderern zur Verfügung steht.
Da, wo der Wanderweg entlang eines kleinen, Schmelzwasser führenden Bächleins auf meine Fahrstraße trifft, steht eine Blockhaus, ein Gasthaus, in dem ich eine kleine Pause mache, etwas trinke und Mittag esse.
Gelegentlich bricht die Sonne durch und ich genieße diese Fahrt in wilder, kaum zivilierter, unwirtlicher Umgebung.
Eines der vielen Bergdörfer kündigt sich mit einem Friedhof an, der überraschend hinter einer Kurve auftaucht - abseits gelegen, wie eigentlich alle Dorf-Friedhöfe. Ich halte an und schaue mich um. Und bin immer wieder fasziniert von der Bestattungs-form, den Bildern der Verstorbenen, den Plastikblumen, dem mir kitschig vorkommenden Grabschmuck.
Nicht, dass ich hier beerdigt sein möchte : Es gibt aber weniger schöne Lagen.
Gegen Ende der Bergstrecke verabschiedet mich ein Schild und bedankt sich für meinen Besuch im National-Park Sierra Nevada, den verschneiten Bergen aus deren Schmelzwassern des ewigen Schnees sich schon die Mauren bedienten - zur Bewässerung von Feldern und der Gärten der Alhambra und des Generalife in Granada.
Jetzt ging es nur noch abwärts Richtung Küste und als der Wegweiser die Richtung nach Almeria wies, blieb ich nordöstlich und fand mich bald bei fast zu warmem Sonnenschein im Parador von Mojacár ein.
Ein modernes Hotel an der Küste, umgeben vom morbiden Charme ungenutzter Feriensiedlungen zur Vorsaison. Noch hatte die Gemeindeverwaltung den Zeitpunkt nicht für gekommen gesehen, die Sandverwehungen und Laubansammlungen - Überbleibsel der Winterstürme - zu beseitigen. Alles wirkte leicht verlottert, ungepflegt, wenig einladend.
Geht OK - außer mir sind vermutlich noch keine Touristen da und der ****-Parador bot mir einen Sonderpreis: 64,62 € weil außer Saison und über 55!
Dieser Tag war wieder Erlebnisgenuss und Fahrfreude und hat all die Bedürfnisse erfüllt, die Träume bedient, deretwegen ich so gerne als Einzelgänger meine Motorradreisen mache.