Im Parador Olite war nix frei und ich musste weiterziehen trotz geplanten Ruhetages. Um 8:30 bin ich aufgestanden - um 9:30 gestartet um 12:30 war ich da, wo mein nächstes Bett stand: Im Parador Bernardo de Fresneda in Santo Domingo de la Calzada.
Ich habe 2 Nächte in diesem Parador im ehemaligen Convento de San Francisco gebucht. Zimmer Nummer 101. Im zentraler gelegenen ****Parador Santo Domingo, der ehemaligen Pilgerherberge, war alles belegt.
Ich bin heute durch touristisches Ödland gebummelt. In jeder Hinsicht unattraktiv, aber OK. Man denkt sich so seinen Teil,
wenn man durch die wohl berühmteste Weinregion Spaniens gondelt: Rioja. Sie erstreckt sich über Teile der Provinzen Navarra, Pais Vasco (Baskenland) und Castilla y León. Mit Logroño als Zentrum.
Alles noch braun. Noch kaum Grün. Zudem war es ziemlich wolkig und kühl der Wind. Was ich nicht spürte, aber es war so.
An der Tankstelle bediente mich ein Schweizer. Seltsam in Schwyzerdütsch mitten in Spanien angesprochen zu werden. Seine Frau hat es zurück in die Heimat gezogen. Geschniegelt war er, mit schwarz gefärbten Haaren und ebensolchen, buschigen Augenbrauen wie Theo Weigel (wem der noch was sagt), was den wohl ca. 50-jährigen auf jugendlich trimmen sollte. Wären da nicht die lückenhaften und ungepflegten Zähne gewesen....
Spanien, so dachte ich mir heute, dreht an einem ganz, ganz großen Rad. Unklar, wo es sich hinbewegt, aber eindrucksvoll.
Einerseits zerfällt Vieles. Gerade auf den Dörfern bröckelt die marode Substanz. Aber gleichzeitig wird gebaggert und gebaut, gewaltige Firmen-Konglomerate entstehen an den Ortsrändern auch auf dem flachen Land, wo man sich als Fremder fragt, was die da tun, wovon sie leben. Als ob das Unterste nach oben gekehrt würde, die Zukunft keine Überlegungen im Heute nötig macht.
Das trockene Land ist braun und aufgerissen, wirkt umgewühlt, zerstört. Die Ortsränder wuchern hässlich, hässlicher geht’s nicht. Ungeregelt, willkürlich, ungeordnet scheint jeder machen zu können, was er will und er tut das auch.
Die neuen Weinbauern zeigen ihre Kohle: Gewaltigen Tresoren gleich immer wieder Bodegas, befestigt wie Fort Nox erscheinen sie. Niemand zu sehen, aber in der sonst leeren Welt ihrer endlosen Weinfelder, die wohlgeordnet und noch kahl die Landschaft überziehen, stehen Bauwerke, die von unendlichem Reichtum und Renommiergehabe erzählen, von Weinbaronen moderner Art und klingenden Namen der Wein-Neuzeit. Mit Weinbauerntum hat das nix mehr zu tun, das sind Weinindustrien und ich habe mich gefragt, wo da die Noblesse eines Chatôs geblieben ist, die man vor seinem inneren Auge auftauchen sieht, wenn man von guten Weinen redet oder denkt. Stattdessen:
Designer-Weine in Designer-Flaschen mit Designer-Etikett.
Laut, modern, protzig und es kriecht der Verdacht das Rückrat hoch, dass die Weine mit natürlichem Geschmack auch nichts mehr zu tun haben könnten....
Ich bin sehr gut untergebracht in den ehemals heiligen Räumen - die Modernisierung hat ihnen gut getan.
Das Abendessen war köstlich - nicht nur für die Augen.
Während des Abendessens habe ich meine Spanischkenntnisse auf die Probe gestellt und die Geschichte studiert, die ein gesottene Huhn veranlasst hat, zu singen und dessenwegen angeblich seither ein lebendiger Hahn mit Henne in der Catedral de Santo Domingo de la Calzada gehalten werden...
Morgen - Sonntag - werde ich das Städtchen erkunden und mal nachsehen, wie dem "singenden, gesottenen Huhn" heute noch Respekt gezollt wird.