Weiter nach Westen ging es heute mit Ziel Baiona, Städtchen am Atlantik, nördlich der portugiesischen Grenze und in der Nähe von Vigo und Pontevedra - südlich von Santiago de Compostella.
Als ich startete blanker, blauer Himmel über mir und 2,5 Grad um mich rum. Es wurde langsam schön warm am Rücken und ich trödelte die Autobahn natürlich verachtend genüsslich nach Westen. Bei einem Orientierungs-Stop in einem Dorf sah sich die Guardia Civil bemüßigt, meine Papiere zu prüfen. Alles hat bekanntlich sein Gutes, so auch das. Ich bekam den dringenden Rat, demnächst doch lieber auf die Autobahn zu wechseln. Auf den beiden bevorstehenden Pässen schneie es; die Autobahn sei aber sicherlich geräumt.
So war es auch, was nicht davor schützte, dass ich, nachdem ich wieder auf die Landstrasse zurückgekehrt war, noch mal in ein Schneeschauer auf einem weiteren Pass geriet. Der Schnee blieb zwar nicht liegen. Dennoch war fahren wie mit rohen Eiern jonglieren war schon angesagt. Das Motorrad-Display blinkte ständig ganz aufgeregt und teilte mir mit, dass nur noch 1 Grad über 0 sei!!
Zwischendrin atemberaubende Streckenabschnitte und wirklich überraschende Straßenführungen. Spanien baut sein Verkehrsnetz auch dort maximal aus, wo es richtig Geld kostet und niemand fährt.
Heute gab es einen Streckenabschnitt, ca 20 km lang, wo eine nagelneue Traumstraße straßenbaumeisterlich in die Felsigen Berge gefräst ihre Kurven zog und ich das genoss. Niemand unterwegs. Ich sah erfreut die weiteren 30 km auf meinem Display vor mir, kurvte bergab um ziemlich jäh vor einem bautechnischen Ende zu stehen: Hier endete vorläufig der Neubau an der begonnenen Brückenkonstruktion über eine gestautes Flüsschen. Erst mal Brücke fertigbauen! Weiter ging’s - sehr malerisch, emotional sehr angenehm und an die guten, alten Zeiten erinnernd - über eine schmale Steinbrücke und anschließend auf ebenso schmalem Sträßchen mit gutem Belag auf engen Kurven weiter in Serpentinen die bewaldeten Hänge hinauf und hinunter. Schön und was für die Seele.
Dennoch begann das anhaltend “unspanische” Wetter langsam am Gemüt zu nagen. Spanien bedeutet auch Erfüllung der Erwartung eines bestimmten Ambiente. Gerüche von Kräutern und Pflanzen, wenn man über Land bummelt, Geräusche, die von den Menschen ausgehen, wenn man mit hochgeklapptem Visir durch die Dörfer rollt, Leben auf der Straße usw. Und all das fehlte angesichts des grauseligen Wetters. Kein Hund unterwegs, nur ich, dem es an nichts fehlte, der auch gut verpackt war, auf seinem Motorrad - außer der passenden Stimmung.
Am Ende des Tages empfing mich der Parador von Baiona sehr eindrucksvoll. Der Parador ist eine alte Festung auf einer großen Felsen-Halb-Insel im Atlantik sozusagen die letzte Bastion nach Westen und praktisch unmittelbar oberhalb des Grenzflusses nach Portugal.
Das Wetter lud zu einem Spaziergang um die Felseninsel ein, der mir so manch überraschenden Ein- und Ausblick bot.
Ich habe mir Zeit gelassen, habe die Insel "erforscht", Eindrücke und Ausblicke fotografiert und mich selbst. Das April-Wetter hat gedroht, aber nicht zugeschlagen. Es war windig, die Wolken
eilten vorüber, die Wellen gischteten an den Felsen.