Wer kennt schon Plasencia? Na siehste. Ich liege auf meinem breiten Bett in einem - wie soll es anders sein - wunderbaren Parador, der sich in einem alten Kloster eingenistet hat. Wieder ein sehr stilvolles und angenehmes Ambiente, das dem Gast Niveau abverlangt, was nicht heißt, dass das jeder merkt, der eingecheckt hat. Ich mache - Beine hochgelegt - meine Notizen über die heutige Fahrt.

Ich muss aber erst noch was nachtragen: Während des gestrigen Abendessens habe ich Mike, about 60 years old, and his wife Christel kennengelernt. Mike, Farmer mit ca. 200 ha bewirtschaftetem Land nördlich von London, erzählte mir von seinem Business und es war klar: Er mag als Bauer angefangen haben, aber inzwischen bezeichnet er sich als Businessmann im Bereich Agrarprodukte und verwandtem. Er sei längst Manager und Verkäufer mehr als produzierender Bauer. Drei Kinder - der Sohn ist der Jüngste und tändelt zu seinem Leidwesen mit 24 noch etwas rum, während die Töchter wohl voll am Erfolg angedockt haben. Die Eine, das interessierte mich, war ein Jahr in Simbawe in sozialen Projekten tätig, bevor sie studierte, die andere hat ein Jahr Biologie oder so in Bamberg studiert und spricht fließend deutsch.

Was ich auch interessant fand waren seine Ausführungen über die Entwicklung der Politik und der englischen Gesellschaft und ich glaubte, er spräche über Deutschland: Die Erfolgreichen, die sich auf sich und nicht auf die Versprechungen des Staates verlassen haben, die die Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen - die stehen in der Kritik, weil es ihnen gut geht und den vielen, die von Staatsfürsorge leben, nicht.

Sozialer Friede ist in aller Interesse - darin sind wir uns einig - und daher müssen die Leistungsstarken mehr tragen und die Leistungsschwachen subventionieren: das ist gut so und sollte in unseren Staaten Allgemeingut sein. In unserem Gespräch bestätigte sich zu meinem Erstaunen mein für Deutschland geltender Eindruck, dass der verbliebene Wohlstandsvorsprung der Leistungsstarken zunehmend Anlass ist, moralisch zu werten. Es scheint auch in GB so zu sein, dass derjenige zunehmend als unmoralisch gesehen wird, der erfolgreich ist. Wir sind uns einig, dass das eine gefährliche Entwicklung ist, denn wenn Leistungsstärke - Auswirkung von Engagement und Fleiß - moralisch zweifelhaft werden: wer erarbeitet die Steuern und Abgaben für die Bedürftigen? Ich gewinne den Eindruck, dass in Europa alle Entwicklungen identisch - Musik-Trends, Fernsehserien und das Angebot im Supermarkt.

Als wir uns in allem einig nach reichlich Rotwein verabschiedeten, war es 12:00 Uhr nachts und ich habe im Anschluss daran meinen gestrigen Reisebericht fertig gemacht. Um 2:00 Uhr nachts machte es klick und das Internet ging schlafen - und ich auch.

Das Frühstück hat die Lebensgeister wieder geweckt. Es ist ausschweifend, das Angebot der Paradores. Natürlich Theke, alles, was man so kennt und noch viel mehr in Spanischer Variante: Frische Früchte, vorbereitet in großer Auswahl, jamon serrano, churros, huevos fritos bis hin zum Rotwein für den, der schon morgens Anschluss sucht und Vieles mehr.

Ich bin erst gegen 11:00 Uhr losgefahren und die ersten 65 km nach Avila gedüst, um mir dort einen Eindruck zu machen.

AvilaAvilaAvila kannte ich noch nicht, aber irgendwie war hängen geblieben, dass man das gesehen haben müsse. Vielleicht habe ich was falsch gemacht, bei meiner Stipvisite, aber ich würde eher sagen: Anschaun, wenn man mal in der Nähe ist. AvilaBeeindruckend die erhaltene, gewaltige Stadtmauer, die tatsächlich den gesamten Stadtkern - und der ist ziemlich groß - einfriedet. Innerhalb die unverzichtbare Kathedrale, die mich nicht sonderlich beeindruckt hat. Die 4€ Eintritt waren dennoch gerechtfertigt, denn die weit gegliederten Nebenräume beinhalten zur Ansicht reichlich Kirchenschätze, Prachtgewänder, Bilder und Sculpturen und der Blick in den Kreuzgang ist sehr empfehlenswert, wenn da nicht die Taubengitter den Blick in kleine Rechtecke zerhackt hätte..

Ab Avila das gleiche Verfahren, wie gestern: Garmin führte mich durch die Pampa. Noch immer die Hocheben und nur leicht veränderte Geologie und Botanik. Die Berge trugen noch Schnee, waren meistens in Wolken gehüllt.

unterwegsunterwegsDas Wetter anhaltend von teils schweren Wolken geprägt, aus denen es auch gelegentlich mal kräftig geschüttet hat. Insgesamt aber freundlich, wenngleich kalt, da oben. So um die 10 - 15° C. Aber zum Fahren sehr angenehm, die Wetterbedingungen, nur das Fotographieren leidet.

Keine Schatten, keine Konturen, keine Tiefe. Schade, denn der eine oder andere Motiv habe ich sausen lassen - es kam einfach nicht. Das Eine oder Andere ist vertretbar - beonders eins: Das mit dem Müll.

unterwegsDer Spanier und Umwelt, das ist so eine Sache: Zum einen lässt man immer alles da fallen, wo man es los werden will. Hintergrund ist die tief verwurzelte Auffassung, dass jeder noch einen unter sich habe und das sei dessen Sache, das weg zu räumen. Scheint arrogant, ist aber wunderbar, denn so geht selbst der Fußabtreter mit dem stolz berhobenen Hauptes durchs Leben, unter ihm sei auch noch einer und damit alleine sei er doch schon wer.

Im Großen aber stoße ich immer wieder auf wilde Müllkippen. Entscheidend für die Wahl des Ortes, an dem man abkippt, ist der Aufwand, mit dem der Vorgang als solcher zu bewältigen ist. Also immer ein Hang, eine Böschung, an die man oben ranfahren kann. Das kann dann dazu führen, dass auf dem Gegenhang - der mag Luftlinie nur 50 m entfernt sein, einer sein Häuschen mit Garten hat. Pech gehabt.

Meine Erklärung mit dem undisziplinierten Umgang mit der Müllentsorgung besteht darin, dass das Land außerhalb der Ballungsräume weit, leer und feindlich ist, weil steinig, ausgedörrt und bestenfalls Maccia bewachsen. Zusammengefasst: ohnehin hässlich. Und da kann man den Müll ruhig dazu kippen. Verändert auch nix.

unterwegs unterwegs unterwegs
unterwegs unterwegs

Heute fuhr ich in der Hauptsache durch Weideland.

Der steinige Boden gibt Platz für hartes, flachwachsendes Gras zwischen den Steineichen, die alle bis zur Beißhöhe der Rinder abgeknabbert sind, so dass sich darunter herrliches, schattiges Weideland entwickelt. Mal ist alles kahl - kein Baum, kein Strauch zwischen den runden Granitfelsen, die irgendwie zusammengerollt rum zu liegen scheinen, manchmal hoch getürmt, dass man meint, sie müssten gleich ins Kullern geraten -

mal zwischen drin in den Tälern, wo ein Bächlein plätschert, zumal jetzt, wo es regnet, wird es wieder lieblich und es ist klar: Wasser ist das Geheimnis.

unterwegs unterwegs unterwegs unterwegs
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Und dann wieder überraschende Weitblicke von einer Höhe, auf der die Reste einer unerwarteten Burgruine stehen und weit ins Land schauen lassen.

Die Straßen waren meistens bestens, obwohl es sich ja um kaum befahrene Nebenverbindungen von Dorf zu Dorf handelte. Anerkennende Hinweisschilder hoben die Leistungen der EU auch allenthalben deutlich hervor.

Inzwischen habe ich eine kleine Erkundungstour im Parador hinter mir und habe Abend gegessen. Die Atmosphäre ist leicht mystisch, ruhig, gelassen - wunderbar. Allenthalben ganz leise klassische Musik, die entspannend wirkt. Um den zentralen Kreuzgang kann man auf den 3 Etagen herumgehen. Passende Sitzgruppen, immer den Blick auf Bilder, Möbel, Figuren aus der Zeit - sicherlich meist keine Originale, sondern nachempfunden. Ganz besonders angenehm und bruhigend. Klingt banal, aber ist so: Man findet seine Mitte. Ruhe. Keine Hektik.
Hier der Versuch einiger Eindrücke der Stimmung. Ein Bisschen Abendessen dazu.

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  Speisesaal Vorspeise Vorspeise MAl ein anderer Wein

 

 

Etappe 6
Etappe 6
Profil
Segovia - Plasencia (8.Tag: Mittwoch, 14.05.2008 - 279 km - Etappe 6)