Ich liege auf meiner cama grande und fummel diesen Bericht zusammen. Der Blick aus dem Fenster fällt auf das von der Abendsonne beschienene Kirchendach, auf dem - wie sollte es anders sein in der Extermadura - Störche nisten. Außer deren gelegentlichem Klappern ist absolute Ruhe. Das liegt an der Lage des Paradors im Ort und: Siesta ist. Und genau die werde ich jetzt auch erst mal nehmen. Hasta pronto.
Siesta ist rum, das Bierchen bestellt und ich sitze mit exakt diesem Blick (wenn das nicht live ist!) und versuche die Fahrt wieder auf die Reihe zu bringen. Das ist manchmal nicht so ganz leicht, denn viele unterschiedliche Eindrücke fliegen vorüber, Landschaft und Straßeneigenschaften ändern sich ununterbrochen in rascher Folge, hinter jeder Kurve, jeder Bergkuppe ein neues Bild und doch sind die Berge, die Ebenen, die Vegatation im Grund immer gleich hier in der Extremadura.
Und dennoch gibt es immer wieder Überraschungen, wie die, dass ich unwissend - das ist das beste, wenn man reist, wie ich, denn vorbereitet sein heißt immer auch Erwartungen mitschleppen, sich Aufgaben stellen, Bestimmtes sehen zu wollen (zu müssen?), dann doch dran vorbei zu fahren mit dem Gefühl, vielleicht doch etwas versäumt zu haben - in den größten Stauseen-Verbund Europas geraten bin, wie mir der freundliche Tankwart wortreich erläuterte, als ich ein Eis bei ihm aß.
Die heutige Tour führte 440 km durch die Extremadura, ohne auch nur einen einzigen bekannteren Ort zu berühren, den ich erwähnen könnte, um dem Leser klar zu machen, wo ungefähr ich eigentlich entlang gefahren bin.
Zunächst ging es über die fruchtbare Ebene - siehe Blick vom Parador Carmona gestern - gen Nord und bei Nord blieb es auch. Irgendwann begannen die Hügel und gleich zu Beginn näherte sich der Himmel der Erde und als sie sich berührten war ich drin und nass.
Die Veregtation änderte sich, die Besiedelung entsprechend. Entweder war gark eine, weil es nichts gibt wovon man leben könnte, also auch nichts, weshalb man sich da ansiedeln sollte, oder ganz vereinzelt eine Hütte und Ziegen oder Schafe. Dann wieder hügelig, wunderschön blühende Magerwiesen, denen man ansieht, dass sie naturbelassen sind, noch nie Kunst-Dünger, Pestizide, Fungizide usw. gesehen zu haben, endlose Hügel mit Steineichen, die ihre Schatten warfen, mal Olivenplantagen und dazwischen gelegentlich, aber immer seltener, noch ein weißer Hof mit angeberischem Ranch-Tor, der auf einem Hügel thront und dem man zutraut, dass dahiner ein Caballero lebt, der (neben seinem Mercedes G-Klasse) auch noch reinrassige Pferde hat, mit denen er zur Fiesta aufreitet, beschattet vom breitrandigen Hut, die Señora im Damensitz hinten drauf.
Ansonsten herrschen moderne Zweckbauten in nicht zu überbietender Häßlichkeit vor, deren höchster Punkt nicht ein Glockenturm ist, wie es sich für eine Hazienda gehört, sondern das Futtersilo mit irgendeinem Zeug, das vollautomatisch Turboschgweine mästet.
An Wegekreuzungen Dörfer, mal Städtchen, von denen nie jemand gehört hat. Kurz vor der Mittagszeit z.B. eines, das hieß Malcocinado, auf deutsch Schlechtgekocht. Dann zwang ich Garmin seinen Streckenvorschlag zu verlassen und über Cabeza del Buey (Ochsenkopf) zu fahren, weil mir die Stauseen interessant erschienen, die ich da ausgemacht hatte. So traf ich auf meinen Tankwart in Herrera del Duce, der mir einen kleinen Umweg von notabene rund 30 km empfahl, ziemlich nah an einem kleinen Teil der Seen entlang.
Das war ein hübscher kleiner Abstecher auf einem feinen, völlig unbefahrenen Sträßchen in bestem Zustand teils direkt am Ufer, mal mit Ausblicken von oben, mal Felsabbrüche ufernah, mal auslaufende Hügel - sehr abwechslungsreich und insofern hilfreich, als ich in den dicken Gewitterguss nicht direkt hinein sondern damit umfahren hatte - nur der Rest erwischte mich noch voll.
Überhaupt hatte ich heute den Eindruck, teilweise zwischen ganz dicken, aus der Ferne schon erkennbaren, sehr weitflächigen Regenfahnen durchzumanövrieren, die darin zu konkurrieren schienen, mich zu erwischen.
Letztlich und nach völlig ermüdungsfreier Fahrt fand ich zuverlässig meinen Parador und das Bett, in dem dieser Bericht begann.