Internet geht im Hotel wieder nicht. Also habe ich mein Notebook unter den Arm geklemmt, bin 200m weit in die jetzt zur Siesta-Zeit leere Fußgängerzone gegangen, mich im Schatten auf die Fensterbank vor ein Schaufenster gesetzt und einen der nicht geschützten Zugänge genützt und diese Startzeilen und den Reisebericht von gestern grad mal hoch geladen.

Nun bin ich ein Straßen-Café umgesiedelt und siehe da - noch gehts. Jetzt aber erst mal an die Arbeit.

Parador Oropesa am MorgenBlick PArador Oropesa vom FrühstückstischDer Tag fing spaßig an. Als erster im Frühstücksraum nahm ich mir den schönsten Platz mit der atemberaubenden Aussicht nach Norden über die Ebene hinein in die in den Gipfeln noch verschneite Sierra de Gredos, meine Fahrtrichtung. Meiner Gepflogenheit folgend legte ich Zimmerschlüssel und heute noch meine Kamera auf den Platz und holte mir nach dem Suchblick übers Frühstücksbuffet ein Glas Orangesaft, legte zwei Brote in den Toaster, stellte den Saft auf meinen Platz und machte mich mit einem Teller auf die erste Einsammelrunde. Als ich zurück kam, hatte sich mir gegenüber ein älterer (na ja jünger als ich war er schon!) Herr gesetzt und schon mal begonnen, meinen Saft zu trinken. Er habe geglaubt, den habe seine Frau ihm schon hingestellt, meinte er in dem Französich, dasnur Franzosen sprechen. Etwas irritiert wählte er dann einen anderen Tisch, obwohl ich ihm den Verbleib natürlich angeboten hatte.

unterwegs zur SierraunterwegsAuf gings heute in und über die Ebene und hinein in die Sierra de Gredos, eine Traumtour in allen Aspekten: Herrliches Wetter und angenehme Temperatur so um die 18°C - mal 22°, in den Bergen mal auf knapp 2000m 10° sinkend.

Direkt, sozusagen frotal über die Sierra de Gredos geht nicht. Das Sträßchen führte, nachdem ich so lange nach Norden geradeaus gefahren war, bis es nicht mehr weiter ging, erst mal östlich entlang der hügelartigen, sanft abfallenden Ausläufer der Sierra. Erst etwas weiter geht es dann zügig hinauf.

unterwegsunterwegsDieses schmale und kaum befahrene Sträßchen entlang der südlichen Ausläufer hat der liebe Gott in Form eines Straßenbaugenies mit liebevoller Hand gestaltet: Nicht nur, dass es sich wunderbar durch paradiesische Landschaft schlängelt, begrünt und durch ausreichend Wasser von denn Bergen eher gartenähnlich genützt, mal um die Hügelausläufer in Linkskurven, mal durch die Einschnitte über kleine Steinbrücken, unter denen Bächlein gurgeln, gegenläufig - nein, das genügt nicht. Die Kurven sind so genial immer nach außen überhöht mit zarten, sanften Übergängen in die jeweilige, wieder überhöhte Gegenlage, dass es eine Freude war, hier entlang zu bummeln, mich zu wiegen. Der Straßenbauer muss Biker gewesen sein - unbedingt!

unterwegs
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Östlich mündete dieses Sträßchen in eine Haupverbindung nach Talavera de la Reina Richtung Norden - eine phantastische Straße, nagelneu, natürlich, die sich in die Berge schraubte, Wende um Wende und die Landschaft begann deutlich Hochgebirgscharakter zu bekommen. Die Aufnahmen könnten fast aus den Alpen stammen. Nach einigen km sehr zügigen Kurven-Genusses bog ich links, also westlich ab und fuhr durch die Sierra. Weite Blicke auf die verschneiten Gipfel und mageren, oft weithin mit Ginster bewachsenen Auen. Manchmal bin ich abenteuerliche kleine Sträßchen gefahren, bei denen es für alle Beteiligten gut war, dass mir niemand entgegen kam. Aber - Respekt - alles mit bestem Belag, glatt und verlässlich haftend, also frei von Sand und frischen Kuhfladen!

unterwegsunterwegs Irgendwann war der höchste Punkt hinaufgekringelt: El puerto de Peña Negra mit 1909 m, wo sich einige Paragleider befanden, um die Aufwinde über der weiten, unterwegssich nach Norden erstreckenden Ebene zu nützen. Ich schaute ihrem Start zu und mit dem letzten stürzte ich mich auf meine Weise dem gleichen Abgrund entgegen und dachte mir, dass wir beide eines gemeinsam nicht haben dürfen: Angst. Die Drachenflieger, wenn ihnen bewußt wird, dass sie den Boden untern den Füßen verloren haben und eine Unachtsamkeit Trudeln und Absturz bedeutet und ich darf mich nicht fragen, was denn wäre, wenn ich dieses enge, kleine Kürvchen nicht rumkomme und sich die Abkürzung steil und auf direkter Linie - aber leider unkontrollierbar - anbietet....

Also ich bin heil in der Ebene angekommen und denke, die Knaben auch.

Der Rest der Reise ist rasch erzählt. Einmal aus der Sierra raus öffnet sich bald die riesige ebene Fläche in deren Mitte Salamanca liegt. Unattraktiv und sinnvoller Weise auf den kurvenlosen Straßen zügig zu durchmessen - letztlich bis Zamora, denn nach Salamanca bot sich das gleiche Bild.

Die Strecke Salamanca - Zamora ist fast eine 60 km lange gerade Straße - breit, beste Qualität, an längeren Steigungen 3-spurig, keine Überholprobleme nennenswerten Ausmaßes, kein Stau - auf einer Ebene wie ein Teller ohne Rand - im Frühjahr, also jetzt, grün und bald, ab Juni den Rest des Jahres gelb, staubig und knochentrocken.

Ich übertreibe etwas. Es gibt schon mal hie und da eine kleine Richtungskorrektur und der Teller ist von leichten Hügeln gekennzeichnet, durch die eine Reihe von Arroyos fließen, wenn sie das tun. Arroyos sind Bächlein, die im Sommer trocken fallen, aber in der Regenzeit zu kleinen Strömen werden und somit straßenbautechnisch von Bedeutung, denn heutzutage fordern sie doch erhebliche Brückenkonstruktionen.

Weshalb ich das so ausführlich beschreibe? Weil die Spanier dabei sind direkt parallel auf die ganze Strecke eine Monster-Autobahn aufzulegen. Ich habe ca. 60 Unter-und Überführungen im Bau gezählt - ganz abgesehen davon, dass erkennbar der Ehrgeiz zu bestehen scheint, absolut horizontal zu bleiben, Steigungen zu vermeiden, sich also durch Hügelchen hindurchzufräsen und über kleine Arroyos und ähnliche Einschnitte großzügig "hinwegzubrücken."

Was lernen wir daraus? Geld spielt keine Rolle, solange es das Geld der Anderen ist, sprach der spanische EU-Politiker.

Zamora hat mich empfangen, ich habe den Parador diesmal locker gefunden, obwohl die Zufahrt unverändert "kopperneckisch" ist, wie ich 2005 erfahren habe.

Etappe 11
Etappe 11
Profil
Orpesa - Zamora (14.Tag: Dienstag, 20.05.2008 - 271km - Etappe 11)