Ziel: Villafranca Del Bierzo. Wer weiß, wo das liegt?

Heute morgen um 8:00 Uhr aus dem Fenster geschaut. Grau - es triefte von der Dachtraufe (drum heißt die wohl auch so). Ich hatte nichts anderes erwartet. Alle Routinen - die sitzen inzwischen - abgespult. Das letzte Brötchen mit Honig. Dann Zähneputzen, Klamotten packen, mich selbst einpacken. Heute eine Zwiebelschicht wärmer und zum Schluss die Regenhaut mit Kaputze unterm Helm, damit die Soße nicht in den Nacken läuft.Camino de Santiago - rechts abbiegen

unterwegs
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Als ich um halb elf losfahre, ist die Welt um mich rum nass, es riecht nach Regen auf Bitumen, aber es regnet nicht mehr. Und so ist es - von nicht erwähnenswerten Tropfen abgesehen - bis zur Ankunft geblieben. Aprilwetter. Mal drohte Schauerliches, kreuzte aber nicht meinen Weg, mal schien die Sonne, als sei nichts gewesen.

So fuhr ich ertsmal eine Stunde durch brettebenes Land, gepflügt, geeggt, bestellt, braun, manchmal schon grün und immer unendlich weit. Wo das Auge nichts mehr erkennt begegnen sich Himmel und Horizont als waagerechter Strich. Land zwischen Valladolid und Leon. Die Straßen gerade - warum sollten sie auch Kurven machen?

Dazwischen immer mal ein erst aus der Nähe wahrnehmbarer Einschnitt, die Andeutung einer langgestreckten Mulde in der ein Dorf der Richtung der Straße einen Sinn gibt. Das Dorf hat sich entlang eines meist wasserlosen Etwas mit klingendem Namen wie Rio de .... gesammelt.

Und dann doch. Ein kleiner Fluß und es reißt mich aus meinem Drösel: Da war ich doch schon mal auf der Fahrt nach Benavente, von anderer Seite über die Brücke kommend? Ich dreh mich um und da ist die Burg-Rouine in der zwischen den 4 hoch aufragenden Rund-Türmen ein moderner Glakasten spiegelt. Damals hatte ich nicht die Muße dazu aber mir "versprochen": Wenn ich da nochmal vorbei kommst, schau ich mir das näher an.

Castillo de CoyanzaUnd so ist es heute geschehen: Das Städtchen heißt Valencia de Don Juan und liegt am deutlich Wasser führenden Rio Esla, der sicher viel Schmelzwasser aus den Picos de Europa führt, die nördlich verlaufen. Die ursprüngliche Feste wurde von den Mauren (Al-Mansur Ibn Abi Aamir) 966 geschleift und als Castillo de Coyanza auf den damaligen Fundamenten im XV. Jahrhundert wieder aufgebaut. Im Rahmen der Renovierung in den letzten Jahrzehnten wurde die gläserne Kapsel eingebaut. Sie beinhaltet drei Museen, die jeweils eine Lebensart der dortigen Bevölkerung zu verschiedenen Zeiten darstellen. Drin war ich nicht. :-)

Als in der Ferne die zum Teil schneebedeckten Berge sichtbar wurden begann sich die Landschaft zu verändern und ich Astorgabeobachtete zunehmend Hinweisschilder auf den Jakobsweg. Über ihn bzw. die von mir unterstellte Tourismus- und Modemasche und die Promis habe ich mich gelegentlich überheblich und ironisch ausgelassen. Und unversehens befand ich mich in Astorga und von da ausgehend auf einem Sträßchen, dass immer abenteuerlicher und verwegener in die Einsamkeit der Berge hinauf kletterte. Kein Auto, Camino de Santiagokein Nichts aber ein Trampelpfad und da habe ich doch trotz der Jahreszeit und wenig angenhmem Wetter - oben auf der kleinen Pass-Höhe (1500m) waren gerade man 5°C - wirklich eine ganze Reihe Pilger im Vorbeifahren überholt - meist einzelne Wanderer, oft auch zu zweit, jedes Alter, Männlein wie Weiblein und ich zog doch innerlich meinen Hut zumal mir klar wurde: Die haben wirklich ca. 60 km in unwirtlichem Gelände bei miesem Wetter vor sich und dazwischen vielleicht zwei zerfallenen Dörfchen mit Herbergen.

Da hinten regnets ziemlichEs gab auch Radfahrer, die offensichtlich pilgernd unterwegs waren und später fiel mir selbst vor und nach Ponferrada, der nächsten nahmhaften Stadt, auf, dass eifrig Pilger auf den Trampelfpfaden neben der Hauptstraße unterwegs waren.

Es gibt also zumindest ernst zu nehmende Wanderer, die aus welchen Gründen auch immer, die unverkennbaren Anstrengugnen auf sich nehmen - ganz unabhängig davon, ob dahinter immer Sinnsuche steckt, der Zeitgeistansatz oder die Tourismus-Industrie.

unterwegs
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Allerdings und zu meiner Ehrenrettung: Beim Abstieg vom Pass kommt man durch ein süßes, gut erhaltenes Bergdorf namens Acebo (nein, nicht Placebo, aber so hab ich's mir gemerkt) mit sehr charakteristischen und damit fremdenverkehrsförderlichen Baustiel, bestens erhalten und gepflegt. Es wimmelte von Hinweisschildern auf Getränke, Vesper und Übernachtungen und "Wander-Hilfs-Geräten" jeder Art vom Base-Cab bis zum Nordig-Walking-Stock. Das Geschäft sei den Dörflern gegönnt und die Erholung den Pilgern auch - nur ein bisschen sehr touristisiert schien es mir doch. Fehlte nur der Hinweis auf Fördermittel der EU.

Nun denn, ich bin nach letztlich trockener und interessanter Tagesetappe wieder mal gut angekommen und habe insbesondere das verschnörkelte, kleine Sträßchen, das offensichtlich einem der hier verlaufenden Pilgerpfade folgend später gebaut und seither in dem zunehmend zerfallenden Zustand aus Sicht des Straßenverkehrs die Fußgänger begleitet, genossen.

Ich bin im Parador Villafranca del Bizero untergebracht - eine eher einfachere Herberge. Nichts dagegen, aber eben nicht sonderlich erwähnenswert.

Etappe 9
 
Tordesillas - Villafranca (12.Tag: Mittwoch, 15.04.2009 - 245km/4:10h - Etappe 9)