Als ich mich zum Start fertig gemacht habe, war im Westen - das war meine Fahrtrichtung - eine massive, sehr dunkle Wolkenwand aufgezogen, vor der malerisch und munter die noch sonnenbeschienene Flagge des Parador flatterte. Ohne Regen kein westwärts - also habe ich mich gleich regenfest gemacht - kluge Voraussicht, denn ich war noch kaum raus aus Almagro, da begann es auch schon kräftig zu regnen und zwar bei heftigem, böigem Wind. So ging es ein knappes Stündchen munter weiter: Zunächst nach Ciudad Real, dann ein paar km auf der Hauptpiste und nach etwa 20 km dann richtig rein in die Pampa immer mit Blick in dunkle Wolkenwände, die sich mit nebelartigem Sprühregen abwechselten.
Kein Haus, kein Dorf kein Nichts im Nichts - warum auch? - und entsprechend das Sträßchen unter dem Motto: Ein vernünftiger Mensch fährt nicht von Ciudad Real nach Mérida - zumindest nicht westlich auf dem kürzestesen Weg, sondern auf dem schnellsten und dazu gibt es inzwischen ausreichend Autobahnen, auch wenn die in diesem Fall nur auf Umwegen zum Ziel führen.
So bar jeder erkennbaren Besiedelung hatte ich mir das nicht vorgestellt und ich war heilfroh nach einer weiteren guten halben Stunde durch ein Dorf zu kommen und eine unter dem Schutz eines Regenschirms die Häuserwand entlangeilende Frau fragen zu können, wo denn die nächste Tankstelle zu finden sei, denn zu meinem nicht geringen Schrecken hatte ich festgestellt, dass der Sprit zur Neige ging und mein NAVI mir die nächste Tankstelle in wenigstens 20 km Luftlinienentfernung anzeigte - allerdings schräg zurückliegend, was Umkehr bedeutet hätte.
GARMIN, so heißt mein NAVI, weiß eben doch nicht alles und nach rund 15 km voraus hatte ich meine Tankstelle - nagelneu an einem ebenso nagelneuen Kreisverkehr, breit angelegt für 2-spurigen Verkehr als eindrucksvoller Verkehrsnabel für 3 Sträßchen, die in ihrem technischen Zustand dem entsprachen, auf dem ich eingemündet war.
OK - alles paletti. Der Regen hatte nachgelassen, aber das Sträßchen war nass und der böige Wind nahm eher zu, was sich später, als ich in die Hochebene kam, zu sehr konzentriert-dynamischer Fahrweise zwang.
Aber weiter gings zunächst bis zum Zwangs-Vorkommnis jeder Reise: Dorfende - anhalten - Handschuhe wechseln und unversehens lag da mein gutes Stück und ich bekam es natürlich nicht mehr alleine hoch. Und da geschah mein Karfreitags-Wunder: In einer mit deutlichen Nutzungsspuren versehenen Furgonetta (kleiner Lieferwagen, wie sie hier von den Kleinbauern benützt werden, um ihre Gerätschaften oder Klleinernte zu transportieren oder eben, wie heute wohl eher, in die Kneipe zu fahren, um einen blanco am Tresen zu kippen) entgegen kommender freundlicher, rotgesichtiger, untersetzter, körperliches Hinlangen gewohnter Mann sah mein hilfloses Bemühen, hielt an, stieg aus und half mir - nicht ohne respektvolle Bewunderung des Gewichts - mein Motorrad, das brav im Leerlauf weiter blubberte, wieder auf die Räder zu stellen. Wir waren uns einig: Einer alleine schafft das in dem Beladezustand und frisch getankt nicht.
Nun, als etwa 1/3 meiner Strecke zurück gelegt war, besserte sich das Wetter langsam und jenseits der Sierra de Toledo, durch die ich gefahren war. Das eine oder andere Foto habe ich gemacht, jetzt, nachdem die Sonne sporadisch durchkam und Schatten der Landschaft etwas Tiefe verliehen. Viel bot sich allerdings nicht an - viel Leere, viele verstreut stehende Bäume - Weidewirtschaft, mal, wenn schon garnichts mehr zu wachsen schien, von Schafen, mal von Rindern beweidet.
Und wieder querte ich die Stauseen-Platte, durch die ich im vergangenen Jahr auf der Etappe von Carmona kommend in nördlicher Richtung nach Oropesa durchfahren hatte - diesmal von Ost nach West und - das muss ich aber erst zu Hause verifizieren, plötzlich riss es mich und ich war sicher: an dieser Stelle habe ich 2006 auf der Etappe Malaga nach Trujillo ein Bocadillo de Cerdo gegessen...
Auf den letzten 100 km etwa wurde das Wetter zunehmend besser, der Wind stärker, die Ebene fruchtbar - eine klar erkennbare Folge des vergleichsweise reichlich zur Verfügung stehenden Wassers aus den Stauseen und des aus mehreren Quellflüssen gespeisten Rio Guadiana.
Am Ufer eben selbigen liegt Mérida, was ich morgen mal in Augenschein nehmen will, hat mich der Parador Via de la Plata mit - wie es sich für diese Gegend gehört - klapperndem Storch auf dem Kamin empfangen.
Dazwischen wuselt ein Kameramann vom Regional-TV und ein Kollege von der schreibenden Zunft. Karrikaturen ihres Berufsstandes: Base-Cab auf rotnackt rasiertem Schädel, schlampig, fast verächtlich militärgefleckte Hose über ausgelatschten Turnschuhen. Sein Auftreten signalisiert die selbstherrliche Respektlosigkeit seines Berufsstandes, ignoriert jeden heiligen Abstand, wenn er mit seiner Kamera sozusagen "in den heiligen Schrein", der das Allerheiligste dieses Umzugs repräsentiert, die leidene Christusfigur, hinein zu kriechen scheint, um seine Bilder einzufangen. |
Ein paar Bilder habe ich auch gemacht. Der Umzug entbehrte jeglicher Feierlichkeit. |
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Für mich sind diese Inszenierungen nicht weit entfernt von den Bildern fanatischer Muslime, die bei entsprechenden Anlässen gelegentlich über unsere Bildschirme flimmern. Gläubigkeit und geringe Bildung nehmen auch im Chrtistentum fanatische Züge an und das nächtliche Treiben in der Semana Santa ist nicht weit entfernt von islamischen Fanatismus.
Heute Morgen machte ich dann einen großen Bummel. Es ist wirklich beeindruckend, wie konzentriert und erhalten hier Bauwerke aus der Römerzeit dominieren: Neben der Brücke mit den gewaltigen Befestigungsanlagen zu ihrem Schutz sind Theater und Amphietheater phantastisch erhalten und allenthalben gelangt man durch Geschäfte in der Innenstadt - zwischen denen dann z.B. plötzlich der Tempel der Diana aufragt - in freigelegte und natürlich befestigte Gebäude-Fundamente aus der Römerzeit, die museumartig dargeboten werden. Da steht ein Neubau und das Parterre ist von riesigen Schaufenstern beherrscht. Wenn man näher tritt, schaut man in offengelegte, römische Kellerräume und nicht auf angebotene Ware. |
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Was mich in diesem Zusammenhang sehr beeindruckt hat, sind die Spanier: Ich folgte dem Menschenstrom, der letztlich an einer Warteschlange endete, die ich auf ca. 150m und 200 - 300 Menschen staute. Am Stauanfang nichts anderes, als der Ticketschalter, um die Karte zu kaufen, Vorraussetzung, die römischen Hinterlassenschaften zu besichtigen. |
Daneben ein Café mit Tischen im Freien. Ich bestellte mir was zu Trinken, um das Geschehen zu beobachten. Ich saß da wohl eine gute halbe Stunde und stellte fest - die Schlange wurde nicht kürzer, die Wartezeit war länger, als meine Anwesenheit und alles ging völlig friedlich, ohne Drängeln, Schimpfen, Maulen vonstatten.
Und das alles - eher junge Menschen, als alte - "nur" um sich römische Hinterlassenschaften anschauen zu können! Respekt!!!
Der Parador de Mérida bewirtet seinen Gast hinter dieser Fassade, begrüßt ihn mit Storch auf dem Kamin, empfängt hinter dieser Türe und bietet unter anderen auch diesen Aufenthaltsraum zur gelassenen Entspannung. Apropos Endspannung: für mich ist - schließlich ist Ruhetag - jetzt eine kleine Siesta angesagt.... |
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